Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drogenhilfe in Berliner Haftanstalten –
Gesundheitsrisiken entgegenwirken,
Spritzenvergabe im Berliner Strafvollzug weiterführen!
Das Abgeordnetenhaus wolle
beschließen:
Der Senat wird aufgefordert, nach Auslaufen des Modellvorhabens „Spritzenvergabe im Berliner Strafvollzug“ sicherzustellen, dass die Vergabe von Spritzen in den beiden beteiligten Justizvollzugsanstalten fortgeführt und auf weitere Anstalten ausgeweitet wird.
Die Angebote zum Spritzentausch in
den Haftanstalten sind – wie von der wissenschaftlichen Begleitung des Modellvorhabens
empfohlen – von Hilfen zum Drogenausstieg sowie einer intensiven Schulung des
Personals in den Themenkreisen Drogenkonsum und Umgang mit Drogenabhängigen in
den beteiligten Anstalten zu begleiten. Dabei sind die in den Haftanstalten
bestehenden Angebote der externen Drogenberatung und der Aids-Hilfe zu nutzen.
Intravenös
injizierende Drogenkonsumenten sind besonders stark durch Infektionserreger
wie HIV und die Hepatitisviren B und C gefährdet, die auf dem Blutwege oder
sexuell übertragen werden. Jede HIV-Infektion, die durch infizierte Nadeln
weitergegeben wird, kostet die Gesellschaft pro Jahr und Patient 25 000
Euro an Behandlungskosten, jede chronische Hepatitis C durch infizierte
Spritzen 30 000 bis 50 000 Euro. Seit Einführung der Angebote zum kostenlosen
Tausch von Spritzen im Drogenhilfesystem, sind die Infektionen mit HIV und
Hepatitis durch die Benutzung unsteriler Spritzen deutlich zurückgegangen.
Auch in Haftanstalten lässt sich der Drogenkonsum nicht unterbinden.
Vielmehr sind sowohl Suchtkrankheiten als auch Virusinfektionen dort besonders
häufig, weil der Zugang zu Drogenhilfe- und gesundheitsfördernden Angeboten
beschränkt bzw. nicht vorhanden ist. Menschen im
Gefängnis stehen die gleichen medizinischen Leistungen zu wie Menschen außerhalb
der Justizvollzugsanstalten. Deshalb sind gerade auch in Haftanstalten schadenmindernde Maßnahmen
wie Spritzentausch dringend geboten.
Um den hohen Infektionsrisiken unter Haftbedingungen besser entgegenzuwirken, wurde auf Grundlage eines Abgeordnetenhausbeschlusses in der Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin (Standort Lichtenberg) und in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee (Standort Lehrter Straße) ein Modellvorhaben „Spritzenvergabe im Berliner Strafvollzug“ durchgeführt. Das Modellvorhaben wurde – bei insgesamt vierjähriger Laufzeit – vom Robert-Koch-Institut Berlin und dem Institut für Tropenmedizin der Charité vom September 1998 (Lichtenberg) bzw. Februar 1999 (Lehrter Straße) bis Mai 2001 wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Wie der
Mitteilung – zur Kenntnisnahme – über „Vergabe von Einwegspritzen an Gefangene
zur AIDS-Prophylaxe“ (Drs 15/145) zu entnehmen ist, wird das Modellprojekt in
dem Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung insgesamt als erfolgreich
bewertet. „Die wesentlichen Ziele, eine Senkung
infektionsrelevanten Risikoverhaltens durch eine hohe Inanspruchnahme der
sterilen Spritzen und eine möglichst geringe Neuinfektionsrate bezüglich HIV,
Hepatitis B und C wurden erreicht. Die Vergabe von sterilen Injektionsbestecken
an inhaftierte Drogenkonsumenten ist praktikabel. Selbst unter relativ
ungünstigen Bedingungen kann die Vergabe steriler Spritzen entscheidend mit
dazu beitragen, dass wesentliche Gesundheitsziele wie die Reduktion von
Risikoverhalten und eine Minimierung von Neuinfektionen erreicht werden können.
Der in der Lehrter Straße praktizierte Handtausch durch externe Mitarbeiter der
Berliner Aids-Hilfe stellt eine gute Alternative zur Automatenvergabe dar, wenngleich
die Anonymität der Vergabe durch Automaten von vielen Konsumenten geschätzt
wird.“
Das Spritzenvergabeprogramm soll deshalb nach Abschluss des
Modellvorhabens weitergeführt und auf weitere Justizvollzugsanstalten
ausgeweitet wer-den. Das Programm muss – wie von der wissen-schaftlichen Begleitung
empfohlen – unter Nutzung der bestehenden Angebote der externen Drogenberatung
und der Aids-Hilfe von Angeboten und Hilfen zum Drogenausstieg sowie einer
intensiven Schulung des Personals in den Themenkreisen Drogenkonsum und Umgang
mit Drogenabhängigen in den beteiligten Anstalten begleitet werden.
Berlin,
den 31. März 2003
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Dr. Klotz
Ratzmann Jantzen und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen |
Ausschuss-Kennung
: GesSozMiVergcxzqsq